The Young Professional - Das Onlinemagazin für junge Talente von Henryk Lüderitz

Ein Meeting verlassen - Tabu oder doch erlaubt?

Wann darf ich ein schlecht geführtes Meeting verlassen?

Die Augen fallen langsam zu, im Hintergrund bedeutungsloses Gebrabbel. Bestimmt kennst du die Situation, in einem schlecht geführten Meeting zu sitzen. Sofern der Kopf noch nicht schläft, gehst du die Optionen durch, wie du dich verhalten könntest. Dabei erscheint das Aufstehen und Gehen als die attraktivste Lösung. Doch darf man ein Meeting einfach so verlassen, wenn es schlecht geführt ist? Ich habe dir hier mal ein paar Tipps zusammengestellt, wie du dich in schlecht geführten Meetings am besten verhalten kannst.

Gesichtsverlust vermeiden - auch bei schlecht organisierten Meetings

Einer meiner „Business-Grundsätze“ ist, Gesichtsverluste möglichst zu vermeiden. Kein:e Chef:in oder Kollege fühlt sich gut, wenn er/sie (vor Publikum) sein/ihr Gesicht verliert. Auch wenn die schlechte Leistung des Meetingleiters meistens offensichtlich ist, gilt es eine diplomatische Lösung zu finden. Mutiert eine Besprechung zum absoluten Zeitverlust, berechtigt dich das noch lange nicht zu einem taktlosen Abgang. Als Profi prüfst du nämlich schon lange vor dem Meeting, ob es zum Zeiträuber wird.

Vorbeugen ist besser als eskalieren

An der Qualität der Einladung lässt sich nämlich schon genau erkennen, was dich im Meeting erwartet. Deshalb empfehle ich dir dringend, auf Einladungen ohne Agenda, Zielstellung, etc. mindestens mit einer telefonischen kurzen Nachfrage zu reagieren. Das ist schneller und einfacher als eine E-Mail. Außerdem lässt sich im Telefonat erfahrungsgemäß bekömmlicher die Botschaft: "Hey, dein Meeting ist schlampig vorbereitet!“ vermitteln. Ich habe gerne ganz diplomatisch gefragt:
1. Worum es genau geht.
2. Was das Ziel ist.
3. Was von mir erwartet wird.

Diese Punkte lassen sich sehr gut in einer Ich-Botschaft vermitteln, die auch den Nutzen für den Organisator adressiert:
„Hallo X, ich bin gerade dabei, mich auf dein Meeting vorzubereiten. Damit ich zu allen wichtigen Punkten einen guten Beitrag leisten kann, brauche ich noch ein paar Hintergrundinfos.“
Zum Ende des Gespräches kannst du noch den Hinweis fallen lassen, dass es den Kollegen bestimmt ähnlich geht. So kann der/die »Gastgeber:in« auch den anderen Teilnehmern mit einer Agenda helfen.

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#1 Schwache Führung im Meeting

Ist das Meeting gut vorbereitet, kommt die nächste Hürde. Vielredner oder Nörgler können dem Meetingleiter das Leben schwer machen oder sogar komplett die Besprechung an sich reißen. Bekommst du diese Teilnehmer:in und ihr Verhalten nicht alleine in den Griff, empfehle ich dir, dem/r Kollegen:in vorsichtig zur Seite zu stehen. Vielredner und Nörgler verfangen sich gerne in der Ausführung ihrer Gedanken, weil sie sicherstellen wollen, dass ihr Standpunkt verstanden wird.

Mit der Technik des Paraphrasierens kannst du ganz einfach die Aussagen kurz zusammenfassen und höflich zum nächsten Punkt auf der Agenda überleiten. Das kann sich dann beispielsweise so anhören:
„Ok, du sagst also, dass ABC zu teuer ist. Ich schlage vor, dass das so ins Protokoll aufgenommen wird und wir sprechen jetzt über den nächsten Punkt.“

#2 Keine Führung im Meeting

Ist der/die Modertor:in komplett überfordert, benötigt er/sie erst recht Hilfe. Gleichzeitig darf deine Unterstützung niemals übergriffig oder gar besserwisserisch daherkommen. Dafür habe ich es gerne so gemacht, dass ich den/die Meetingleiter:in kurz und dezent gefragt habe, ob ich ihm/ihr zur Hand gehen darf, damit wir mit dem Thema vorankommen. Das ist auch eine gute Begründung für die Teilnehmer:innen, auf unerfahrene Meetingleiter:innen Rücksicht zu nehmen, ohne sie an den Pranger zu stellen. Deshalb habe ich in die Runde gefragt:
„Ok, das ist ein schwieriges Thema. Damit wir zum Ziel kommen, müssen wir uns alle ein bisschen zusammenreißen und mit anpacken. Ich übernehme gerne die Zusammenfassung eurer Beiträge am Flipchart…“.

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#3 Planlosigkeit im Meeting – so kannst du entkommen

Die nächste Eskalationsstufe im Meeting ist meiner Erfahrung nach, dass selbst der Appell nach einer gemeinsamen Arbeit keine Verbesserung bringt. Es kann ebenfalls sein, dass der/die Meetingleiter:in keine Hilfe annehmen möchte oder sogar aggressiv das Hilfsangebot ablehnt. Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, dass du den »Notausgang« aus der Besprechung nutzen darfst.

Damit das möglichst ohne einen weiteren Gesichtsverlust (auch wenn der schon durch das Verhalten des Organisators gegeben ist) passiert, habe ich folgenden Trick angewendet:
Ich habe mein Diensthandy gezückt und so getan, als hätte ich eine überraschende SMS / Mail bekommen, die mich zwingt, die Besprechung zu verlassen. Du kannst beispielsweise deine:n Chef:in oder ein großes Problem im Projekt XY vorschieben, um dich höflich aus der Besprechung zu verabschieden.

#4 Chaos im Meeting – höflich aber bestimmt einen Schlussstrich ziehen

In der absolut letzten Eskalationsstufe gerät das Meeting ins völlige Chaos. Das ist der Fall, wenn beispielsweise in kleinen Gruppen wild diskutiert wird oder lautstarke und unsachliche Streitgespräche die Stimmung aufheizen. Reagiert der/die Meetingleiter:in darauf nicht sofort und nachdrücklich, ist das Meeting im Chaos-Modus angekommen.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist klar, dass in dieser Besprechung keine brauchbaren Inhalte mehr entstehen können. Schlimmer noch, im Streit kann zwischen den Beteiligten sogar verbrannte Erde hinterlassen werden. Das Ergebnis: Nicht nur verschwendete Zeit (und Geld) in der Besprechung selbst, sondern sogar negative Folgen für die weitere Zusammenarbeit.

In diesen Extremfällen empfehle ich dir, als Teilnehmer:in höflich aber bestimmt einen Schlussstrich zu ziehen. Das kann gerne so deutlich sein, dass damit die gesamte Besprechung beendet ist. Im ersten Moment wirkt das ziemlich hart, ist aber ganz klar im Sinne aller Teilnehmer:innen. Im Rausch einer emotionalen Diskussion ist es nämlich schwierig zu erkennen, dass in der Besprechung kein Ergebnis mehr erzielt werden kann. Du ersparst damit allen Teilnehmern weitere Diskussionen und wirst positiv in Erinnerung bleiben, weil du trotz Chaos im Meeting noch einen kühlen Kopf bewahrt hast.

Meetings verlassen und Zeit sparen - ist das OK?

Ein Meeting zu verlassen, wird häufig als absolutes Tabu gesehen. Wenn es im Sinne des Unternehmens und aller Beteiligten ist, ist es absolut sinnvoll, mit diesem Tabu zu brechen. Wenn du dabei die oben beschriebenen Eskalationsschritte beachtest, hast du dich zuvor ja auch sehr umsichtig und hilfsbereit verhalten.
Im Sinne eines achtsamen Zeit- und Selbstmanagements gibt es aber Grenzen, die du auch aktiv zum Ausstieg nutzen darfst.

Diese Grenzen werden leider viel zu oft nicht eingehalten. Studienergebniss von TimeInvest zeigen deutlich, dass knapp 50 % der Meetings von den Teilnehmern als nutzlos empfunden werden. Damit du nicht nur den Meetings entkommst, in denen du bereits sitzt, habe ich in meinem Online-Seminar »Get things done« ein paar Techniken für dich, mit denen du deinen Kalender von überflüssigen Besprechungen befreien kannst.

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Hast du schonmal ein Meeting verlassen?

Wie immer interessiert mich, wie es dir in Besprechungen ergeht, die schlecht geführt sind. Wie reagierst du und was hast du schon für Reaktionen gesehen? Hast du auch schon mal eine Besprechung verlassen?
Ich freue mich auf deine Kommentare und Fragen.

Du kannst mir dazu gerne per Xing oder LinkedIn schreiben, dich dort mit mir vernetzen oder den Artikel dort teilen.

Ich freue mich auf dich.
Mit besten Grüßen
Henryk Lüderitz

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Über den Autor

Ich bin Henryk Lüderitz, Management Trainer, Business Coach, Speaker und führender Experte für junge Talente. Hier im Magazin, als Xing-Insider und als bekannter Gastautor schreibe ich über Karrierethemen, die Young Professionals bewegen.
Mit meinen Seminaren, Video-on-Demand Kursen und Coachings unterstütze ich junge Talente in Unternehmen oder dich ganz persönlich!

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