Warum wir unsere Mitmenschen mit Vorurteilen überhäufen? Henryk Lüderitz erklärt es dir - und wie es besser geht.
Achtung Vorurteile! So vermeidest du das Schubladendenken.
Bestimmt kennst du Situationen, in denen du vorschnell über andere Personen urteilst. Zum Beispiel die Frau im Supermarkt mit dem schreienden Kind an der Kasse. Dein schnelles Urteil: Die hat ihre Erziehung nicht im Griff! Oder der junge Mann auf der Parkbank lässt sich mittags einen Kaffee-to-go schmecken. Dein negatives Urteil: Typisch Arbeitslose:r! Dafür hat er Zeit, aber nicht fürs Arbeiten!
Vorurteile fällen liegt in unseren Genen
Doch warum urteilt man eigentlich direkt über seine Mitmenschen? Die Ursprünge dieses Denkschemas sind tief in uns verankert. Bestimmte Situationen werden von unserem Gehirn in Kategorien einsortiert, um schnell reagieren zu können. Hier kommt das bekannte Beispiel mit dem Säbelzahntiger und den Neandertalern: Der Tiger wird als Gefahr eingestuft, die Reaktion darauf ist dementsprechend wegrennen. Durch das schnelle Urteilen einer Situation konnte man damals gut seine eigene Haut retten.
Ganz so dramatisch läuft es heutzutage nicht mehr ab mit den Vorurteilen. Aber sie sind eben ein Relikt unserer Vorfahren. Heutzutage würde man eher sagen: Durch Vorurteile versuchen wir Ordnung in unsere komplizierte Welt zu bringen.
Wir sehen eine Situation, unser Wertesystem springt an und unser Gehirn bestimmt die Kategorie, um Ordnung zu schaffen. Um die Situation unter Dach und Fach zu bekommen oder um Personen in bestimmte Schubladen zu stecken.
Um dir ein Beispiel zu nennen, versetze dich mal in folgende Situation:
Nie wieder um Worte verlegen sein!
Nutze mein Seminar „Schlagfertigkeit lernen“, um souverän in allen Lebenslagen Kontra geben zu können!
Als Leser:in meines Magazins habe ich ein spezielles Angebot, mit dem du das Seminar für nur € 1,49 kaufen kannst.
1. Die Wahrnehmung einer Situation
Stell dir vor, du bist in deinem Unternehmen, gehst gerade den Flur entlang und hinten am Kopierer steht Frau Berg, die just in diesem Moment einen großen Stapel Papier fallen lässt. Ihre Unterlagen liegen überall auf dem Boden verstreut. Kurz darauf kommt Herr Zimmermann aus seinem Büro, sieht die Situation, aber läuft geradewegs an Frau Berg vorbei!
Du denkst dir natürlich sofort: „Was ist denn jetzt los? Wieso hilft Herr Zimmermann denn nicht der Frau Berg? Ist er sich etwa zu gut dafür?“
2. Meine selektive Wahrnehmung
Der erste Schritt in Richtung Vorurteil ist somit schon erledigt. Du verurteilst deinen Kollegen aufgrund seiner Reaktion. Jetzt kommt noch deine selektive Wahrnehmung hinzu. Und zwar aus deiner Perspektive. Dort, wo du jetzt stehst, hast du nur den Rücken von Herrn Zimmermann gesehen, wie er an Frau Berg vorbeimarschiert ist. Ohne ihr zu helfen. Du denkst automatisch: egoistischer Idiot!
Aber was du nicht gesehen hast, ist der Gesichtsausdruck deines Kollegen. Vielleicht hat Herr Zimmermann ja entschuldigend das Gesicht verzogen, weil er einen dringenden Termin hat – und somit keine Zeit zum Helfen hat. Oder er hat Frau Berg etwas zugeraunt wie: „Ich helfe Ihnen gleich, ich muss nur noch kurz meine Unterlagen in mein Büro bringen.“
Es kann also gut sein, dass in seinem Gesichtsausdruck eine Aussage/ Botschaft lag, die du nicht sehen konntest. Aber trotzdem steht dein Urteil schon fest: Egoist!
3. Mein persönliches Wertesystem springt an
Du hast jetzt also die Situation erfasst und für dich persönlich bewertet. Im dritten Schritt kommt nun dein individuelles Wertesystem zum Tragen. Dabei kommt es darauf an, welche Werte dir persönlich wichtig sind. In diesem Fall könnte dir z. B. die unterlassene Hilfsbereitschaft ein Dorn im Auge sein. Weil du ein sehr hilfsbereiter Mensch bist und nicht verstehen kannst, wie man in solch einer Situation der Kollegin nicht helfen kann, ihre Unterlagen einzusammeln. Du denkst dir also: „Jemand, der einfach weiterläuft und nicht hilft, ist anscheinend sehr egoistisch. Möglicherweise auch narzisstisch. Oder eingebildet, weil er sich zu schade ist, um auf dem Boden herumzukriechen.“
Somit hat dein Kollege jetzt schon drei negative Vorurteile von dir abgestempelt bekommen: egoistisch, narzisstisch und dann auch noch eingebildet. Alles Urteile, die du aufgrund deines Wertesystems gefällt hast.
4. Meine Überzeugungen
Das Gefährliche an Vorurteilen ist, dass dein Kollege Herr Zimmermann jetzt schon von dir in eine Schublade gesteckt worden ist. Diese Schublade ist fest verschlossen und zusätzlich mit einem großen Vorhängeschloss gesichert. Aus dieser Schublade kommt dein Kollege nicht mehr so einfach heraus. Und an deiner Meinung über ihn ist auch nichts mehr zu rütteln.
Doch der Vorgang deines Urteilens ist noch nicht komplett abgeschlossen, denn jetzt wird das unmögliche Verhalten deines Kollegen noch weiter interpretiert. Mit dem Gedanken: „Der hat ja noch nicht mal zu Frau Berg hingeschaut!“, entrüstet sich dein Gehirn in vollem Umfang über die Situation.
Kommunikation kann jede:r trainieren!
Nutze mein Seminar „Erfolgreich kommunizieren“, um noch mehr Tipps für eine präzise und überzeugende Kommunikation zu sammeln.
Als Leser:in meines Magazins habe ich ein spezielles Angebot, mit dem du das Seminar für € 19,99 verwenden kannst.
5. Suche nach weiteren Bestätigungen
Der Kollege ist bei dir durchs Raster gefallen – das ist ganz klar. Die Schublade mit der Überschrift „Egoist & Snob“ ist fest verschlossen. Aber das reicht deinem Gehirn noch lange nicht, denn jetzt wird Verstärkung gesucht, damit deine Schublade noch 2 bis 3 weitere dicke Vorhängeschlösser bekommt. Und das passiert in Form von Bestätigungen.
Angenommen, nach Feierabend stehst du auf dem gemeinsamen Büroparkplatz und siehst, wie Herr Zimmermann in sein Auto steigt, die Tür schließt und ganz normal rückwärts ausparkt. Was Herr Zimmermann nicht sehen kann, ist die Frau mit Kinderwagen, die kurz stehen bleiben muss, um das Auto durchzulassen. Du aber siehst beide Parameter: das Auto (von deinem egoistischen Kollegen) und die Frau mit Kinderwagen. Sofort denkst du dir: „Das kann ja jetzt wohl nicht wahr sein! Wieso hält der nicht an und lässt der Frau den Vortritt?“
Sofort springt dein Wertesystem wieder an und du schlussfolgerst: Rücksichtslos! Absolut rücksichtslos! Jetzt ist dein Kollege nicht nur egoistisch und ein Snob, sondern auch noch rücksichtslos! Und schwups hast du eine weitere Bestätigung erhalten, dass dein Kollege unsentimental und narzisstisch ist. Und die Bestätigung bestätigt dir, dass du mit deinen Vorurteilen über deinen Kollegen recht hattest.
Aber über den Perspektivwechsel hast du vermutlich noch nicht nachgedacht. Dass die Frau im toten Winkel war und Herr Zimmermann sie gar nicht sehen konnte? Du selbst sitzt ja nicht am Steuer und hattest ein eingeschränktes Sehvermögen. Und letzten Endes ist ja auch gar nichts passiert. Die Frau mit Kinderwagen wartet geduldig, bis das Auto ausparkt hat und setzt dann ihren Weg fort. No big deal; passiert täglich mehrfach.
Dein persönliches Wertesystem aber hat genau die Bestätigung bekommen, die es brauchte, um deinen Kollegen endgültig als „rücksichtslosen Egoisten“ abzustempeln. Damit ist die Sache für dich klar und dein Kollege ist bei dir für immer unten durch.
Vorsicht vor dem, was einem der eigene Kopf vorgaukelt!
In solchen Momenten nimmt man nur seine eigene Perspektive wahr und fällt danach sofort ein Urteil! Das lässt sich vermeiden, in dem du dir bewusst machst, welche Schritte da passieren: Situation erkennen, selektive Wahrnehmung, Urteile fällen, Überzeugung und Bestätigung suchen.
Angenommen, dein:e Chef:in guckt dich im Büroalltag misstrauisch an. Sofort denkst du dir: „Immer guckt er/sie so grimmig. Was habe ich wohl wieder verbrochen? Meckert er/sie gleich wieder über meine Arbeit?“ Was du aber in diesem Moment nicht weißt, ist, warum dein:e Vorgesetzte:r so schaut. Womöglich hatte er/sie ein unerfreuliches Telefonat hinter sich. Oder er war in Gedanken ganz woanders und sein/ihr Blick ruhte zufällig auf dir.
In diesem Moment, in dem du merkst, dass dein Kopf eine Art Eigendynamik entwickelt, rate ich dir, innerlich „Stopp!“ zu sagen. Halte dir ein imaginäres Stoppschild vor Augen und frage dich: „Was habe ich hier tatsächlich wahrgenommen?“ Damit zwingst du dich zu einer gewissen Objektivität.
Jede Situation souverän meistern!
Nutze mein Seminar „Herausforderungen (kreativ meistern)“, um komplexe Probleme schnell und richtig zu analysieren.
Als Leser:in meines Magazins habe ich ein spezielles Angebot, mit dem du das Seminar für € 14,90 verwenden kannst.
Bedenke also: Eine Situation ist erstmal nur eine Abfolge von bestimmten Ereignissen, die du selektiv wahrnimmst. Da hilft nur eines: nämlich ein Perspektivwechsel. Oder einfach konkret nachfragen. Bleiben wir mal bei der Situation mit den heruntergefallenen Unterlagen. Wieso fragst du deinen Kollegen nicht einfach später, warum er nicht geholfen hat? Höre dir einfach seine Erklärungen an. Erst dann kannst du dich davon überzeugen, ob deine Urteile gerechtfertigt sind – oder eben nicht. Sprechenden Menschen kann geholfen werden!
Bevor du also deine Mitmenschen negativ abstempelst, solltest du dir einen Gesamtüberblick über die Situation verschaffen. Und jeden Blickwinkel beleuchten. Dann erst kannst du dein Wertesystem freischalten und dein Urteil fällen. Denn auf Basis einer verzerrten Wahrnehmung lässt es sich schlecht im Team zusammen arbeiten. Daher: Vorsicht vor dem, was dein Kopf dir vorgaukelt!
Deine Meinung zählt
Bestimmt hast du auch ein paar Situationen in petto, in denen du dir vorschnell eine Meinung über deine Mitmenschen gebildet hast. Du kannst mir gerne davon erzählen. Entweder per Nachricht oder Kontaktanfrage bei Xing oder LinkedIn. Oder schreibe mir direkt in die Kommentare und teile diesen Artikel mit deinem Netzwerk!
Ich freue mich, von dir zu hören.
Mit besten Grüßen
Henryk Lüderitz