Praxisbericht aus dem Alltag
So zerstört der Napoleon-Effekt das Charisma von Führungskräften!
Im Leben einer Führungskraft lauern viele Gefahren, die der Karriere schaden können. In dem, WAS eine Führungskraft tut, stecken unzählige Risiken. Allgemein wird das Risiko, eine falsche Entscheidung zu treffen, am häufigsten genannt. In der Realität wird Führungskräften jedoch viel häufiger das WIE sie ihren Job machen zum Verhängnis. Die empfindlichsten Verluste, die eine Führungskraft erleiden kann, sind der Verlust von Charisma, Glaubwürdigkeit und emotionaler Intelligenz.
Genau diese Eigenschaften werden von dem sogenannten „Napoleon-Effekt“, innerhalb von wenigen Sekunden zerstört. In diesem Beitrag erkläre ich dir, was den Napoleon Effekt ausmacht und was du tun musst, um nicht in eine der schlimmsten Verhaltensfallen für Führungskräfte zu tappen... Hier gibt es den passenden Podcast zu diesem Artikel, auch bei ApplePodcast .
Was gute Führungskräfte auszeichnet
Viele meiner Kunden haben eigenen »Führungskräftenachwuchs« und wünschen sich Klarheit in Bezug darauf, was „gute Führungskräfte“ auszeichnet. Dafür mache ich mit meinen Teilnehmern in dem Kickoff zur Führungskräfteentwicklung eine Übung, die du gerne nachmachen kannst. Im Kern geht es darum, dass du dich fragst, welche Führungskräfte dir im Berufsleben bereits begegnet sind. Versuche aus dieser Menge an Vorgesetzten gedanklich diejenigen herauszufiltern, für die du auch gerne (wieder) arbeiten wollen würdest.
Wenn du diese „guten Chefs“ vor deinem geistigen Auge hast, notiere auf einem Blatt doch mal alle Eigenschaften, die diese Führungskräfte auszeichnen. Bei meinen Teilnehmern zeichnet sich dabei in der Regel das Bild ab, dass lediglich ca. 1–2 Eigenschaften mit Fachkompetenz zu tun haben. Die restlichen ca. 10–15 notierten Eigenschaften beziehen sich auf das Verhalten. Die Botschaft für junge Führungskräfte ist klar: Allein Fachkompetenz, richtige Entscheidungen treffen etc. werden dich niemals zu einer guten Führungskraft machen. Dafür braucht es nämlich zusätzlich eine ganze Reihe von Soft-Skills. Doch genau diese Soft-Skills zerstört der Napoleon-Effekt radikal.
Was ist der Napoleon-Effekt?
Wenn Menschen ihre geringe Körpergröße durch Erfolg, Statussymbole und Zurschaustellen von Macht kompensieren wollen, spricht man vom Napoleon-Komplex. Ich erweitere diesen Komplex noch um eine geringere ausgeprägte Soft-Skills, wie z. B. die Konflikt- / Kommunikationsfähigkeit und Selbstvertrauen. Umgangssprachlich ausgedrückt: Personen, die sich körperlich unter dem Durchschnitt bewegen, gleichzeitig wenig Standing, Format und Soft-Skills besitzen, gehören zur Gefahrengruppe des Napoleons-Effekts. Ergibt sich dann für diese Personen die Gelegenheit, ihre durchaus auch selbst empfundene Unzulänglichkeit kompensieren zu können, entfaltet dieser Effekt seine Charisma-tödliche Wirkung.
Was macht den Napoleon-Effekt für Führungskräfte so gefährlich
Du denkst dir jetzt bestimmt: Lass uns doch großzügig zu benachteiligten Menschen sein! Und überhaupt, warum müssen Größe, Geschlecht, Haarfarbe, Intelligenz oder Soft-Skills eine „Benachteiligung“ sein, nur weil sie nicht der „Norm“ entsprechen?! Wie auch immer. Wenn diese Personen lediglich allein vor dem Spiegel große Regen schwingen oder mit markigen Sprüchen um sich werfen würden, wäre das alles nicht weiter schlimm. Problematisch ist jedoch, dass eine Genugtuung durch „Machtgehabe“ nur dann funktioniert, wenn es eben nicht allein vor dem Spiegel passiert. Damit ist in der Praxis der Selbstmord, das Charisma besiegelt. Es geschieht ganz öffentlich, sodass in der Regel gleich mehrere Personen Zeugen der peinlich unprofessionellen Entgleisung werden.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Bestimmt hast du jetzt schon ein paar Situationen aus deiner eigenen Berufserfahrung vor dem geistigen Auge. Hier ein paar Beispiele, die ich selbst erlebt habe:
- Eine Führungskraft reagiert auf einen Fehler mit dem Spruch: „Passiert das nochmal, können Sie froh sein, wenn Sie hier zukünftig nur noch die Klos sauber machen dürfen!“
- Eine (neue) Führungskraft hat nicht das Format, das Projektteam auf ein Versäumnis anzusprechen, sondern schreibt stattdessen sofort den Personalbereich an & fordert von dort weitreichende Konsequenzen
- Ein:e Chef:in schmeißt Mitarbeiter:innen lautstark, mit den Worten: „Lassen Sie sich hier nicht mehr blicken!“, aus seinem Büro hinaus
- Mal etwas Nonverbales: eine Führungskraft parkt mit seinem/ihrem Wagen eiskalt jemanden zu, der auf deinem/ihrem Parkplatz steht & lässt das Auto absichtlich einen Tag dort stehen.
- Mich hat mal eine Führungskraft mit den Worten: „Bitte steigen Sie aus, ich habe es eilig!“, aus dem Fahrstuhl hinauskomplimentiert.
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Was haben diese Situationen gemeinsam und wie geht es besser?
Die Gemeinsamkeit besteht aus meiner Sicht darin, dass unangemessen überzogen reagiert wird. Der Gegenüber hat gleichzeitig keine Chance, ohne Gesichtsverlust reagieren zu können. Denn genau daraus zieht ja der Napoleon-Chef seine Genugtuung. Wie es besser geht, liegt klar auf der Hand. Wenn wir nicht von sexuellen oder diskriminierenden Übergriffen reden (da muss sofort reagiert werden), empfehle ich Führungskräften bei Arbeitsfehlern folgenden Ablauf:
1. Klar und konstruktiv zu erklären, worin der Fehler liegt und wie es eigentlich sein soll. Das geht ganz einfach mit einem Satz, wie: „Ich habe seit X Monaten nichts von Ihnen und dem Projekt gehört. Das ist mir ein bisschen wenig und löst ein ungutes Gefühl bei mir aus. Bitte informieren Sie mich zukünftig monatlich, mit einem Status über den Stand der Dinge“.
2. Führt der erste Hinweis zu keiner Verbesserung, können im zweiten Schritt neben der noch deutlicheren Aufforderung, auch weitere Schritte (Konsequenzen) bereits angesprochen werden. Wichtig ist auch hier, dass die Konsequenzen sich im angemessenen Rahmen bewegen. „Klodienst“ (wie in den Beispielen erwähnt) ist im Business weder angemessen noch arbeitsrechtlich haltbar.
3. Erfolgt nach zwei Hinweisen keine Veränderung, müssen die angesprochenen Konsequenzen natürlich auch umgesetzt werden. Bitte droh aber wirklich nur das an, was auch wirklich umgesetzt werden kann. Was bringt es dir als Chef:in, wenn du z. B. mit Abmahnungen um die Ecke kommst, die aber rechtlich gar nicht möglich sind. Ebenso problematisch sind Konsequenzen, die dich am Ende sogar selbst treffen oder treffen können.
Welches Verhalten hast du schon bei „Napoleon-Chefs“ erlebt?
Wie immer interessiert mich, welche Erfahrungen DU mit solchen Chefs gemacht hast. Schreib hier in den Kommentaren (anonym) doch mal von Deinen Erlebnissen. Ich bin gespannt... Mit besten Grüßen, Henryk